Arbeiten mit Beeinträchtigung

Shownotes

In dieser Episode erwarten euch drei spannende Interviews zum Thema „Arbeiten mit Beeinträchtigungen“. Unsere vier Podcaster und Podcasterinnen sprechen mit:

  • Georg, der in einer DRK-Werkstatt arbeit,
  • Mirko, der im Werkstattrat aktiv ist und mit
  • Christoph, der uns einen Einblick in seine Arbeit als Werkstattleiter und Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen gibt.

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Tanja: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge im Podcast „Politik Einfach Hören“. Mein Name ist Tanja, ich begleite euch durch diese Episode, in der euch 3 spannende Interviews zum Thema „Arbeiten mit Einschränkung“ erwarten. Also: Ohren gespitzt und zugehört! In dem ersten Interview unserer Folge geht es um das Thema Arbeiten unter Beeinträchtigung in einer Werkstatt. Dazu haben sich unsere vier Podcaster und Podcasterinnen bei Kaffee und Keksen mit Georg getroffen. Ihr werdet erfahren, wie Georg mit seinen Kollegen und Kolleginnen klarkommt, was ihn überhaupt zur Werkstatt gebracht hat, inwieweit sein mit Schokolade verbunden ist UND wieso ihn sein Leben als Frühchen eigentlich nur noch stärker gemacht hat… Viel Spaß!

David: Herzlich Willkommen zu unserer Podcast Folge „Politik Einfach hören“ mit dem Thema „Wie arbeiten eingeschränkte Leute in der Werkstatt?“. Ich bin der David. Und das Mikrofon hält Ute. Wir interviewen heute den Georg, der in der DRK-Werkstatt arbeitet in Rostock. Was arbeitest du in der Werkstatt?

Georg: Ich bin im Bereich Montage, Verpackung tätig.

David: Bist du direkt nach der Schule in die Werkstatt gekommen oder warst du noch irgendwo anders?

Georg: Ja, also ich war noch irgendwo anders, bevor ich in die Werkstatt gekommen bin. Ich war in Greifswald im Berufsbildungswerk und ja, hab da versucht, eine Ausbildung als Fachpraktiker im Bürobereich zu machen und bin aber leider aufgrund von zwei Schwierigkeiten und zu hohem Druck gescheitert.

David: Seit wann arbeitest du in der Werkstatt?

Georg: Ich arbeite seit 2017 in der Werkstatt.

David fragt: Was gefällt dir am meisten an deinem Arbeitsplatz?

Georg: Ja, an meinem Arbeitsplatz gefällt mir, dass ich sehr nette Kollegen habe und dass es auch ein gutes Arbeitsumfeld ist und wir verschiedene Aufträge haben.

Tanja: Das Georg seine Arbeit so gut gefällt, liegt vielleicht auch daran, was er verpackt! Ich gebe euch einen Tipp: es ist süß, zergeht auf der Zunge und ein kleiner Vorrat davon sollte man immer haben. Zum Glück wird in Georgs-Werkstatt ordentlich viel davon verpackt. Hört selbst:

David: Weißt du ungefähr, wie viele Produktionen an Schokolade ihr in der Woche so schafft, so geschätzt?

Georg: Denk mal so in der Woche… ich schätz mal Fünfundsechzigtausend, kann aber keine genaue Zahl sagen.

David: Und wo gehen eure Aufträge hin, wenn die fertig sind und wenn die dann rausgefahren werden?

Georg: Unser Partner der Arbeit ist Fantastick. Ja, und die Nanunana-Läden, die verkaufen das denn.

David: Wie äh, fühlst du dich mit der Arbeit durch diese Situation mit Corona? Hast du irgendwie das Gefühl, dass ihr weniger Ware an den Kunden verkauft?

Georg: Ja also, das Gefühl habe ich schon. Das war ja auch wirklich so. Also man… man hat auch schon klar gemerkt, dass uns halt so Stammaufträge wegfallen. Wir machen auch son‘ Verpackungsauftrag beispielsweise für Kreuzfahrtschiffe, und dieser Auftrag wurde aufgrund von Corona komplett gekürzt, und ja… So haben auch sehr viele Arbeitseinbüßen auf Arbeit und ja, man hat’s schon gemerkt, also es war schon da.

David: Ehm… wie hast du dich gefühlt durch diese Situation mit dem Lockdown, wo du nicht in die Werkstatt durftest? Hast du die Arbeit vermisst, wie hast du dich da so gefühlt?

Georg: Ja, also ich hab auf jeden Fall auch, vor all Dingen, die Arbeit auch sehr vermisst und auch die ganzen Freunde, ne? So das Umfeld, nicht mehr aufstehen, nix nix mehr tun und so… Ja, das war schon belastend, ne? Man hat sich monatelang, wochenlang nicht gesehen und das schon sehr traurig und bin auf jeden Fall froh, dass jetzt wieder vieles gelockert ist und auch zum Beispiel die Arbeit auch wieder so im weiten Rahmen möglich ist.

David: Bist du so mit deinem Einkommen zufrieden, was du in der Werkstatt so verdienst oder könntest du dir vorstellen, ein bisschen mehr zu verdienen?

Georg: Gibt ja auch ne Grenze in der Werkstatt. Ich hab ja auch Grundsicherung. Ich mein, kriegt man ja als Werkstattempfänger und soweit komm ich eigentlich auf ein gutes Sümmchen. Also ich bin zufrieden.

Tanja: Hm, habt Ihr euch vielleicht gefragt, was das Wort Grundsicherung bedeutet? Lasst es mich versuchen, zu erklären: Wegen seiner Einschränkung kann zum Beispiel Georg nicht so viele Stunden pro Tag arbeiten. Meist „nur“ 7 und nicht 8 oder mehr, wie es auf dem deutschen Arbeitsmarkt gewöhnlich ist. Menschen wie er haben somit das Recht auf Geld von der Politik, genauer gesagt von der Regierung. Somit ist jeden Monat gesichert, dass er ausreichend Geld erhält, um einigermaßen gut über die Runden zu kommen. Daher das Wort Grundsicherung.

David: Wie lange hast du eigentlich schon mit deiner Behinderung zu kämpfen, dass du ja hauptsächlich im Rollstuhl sitzt?

Georg: Ich war halt n ganz kleines Frühchen, ja… und von daher ging’s auch sehr früh los. Muss ja immer durch, ne? Es gibt ja keinen Weg zurück. Kann ja auch variieren zwischen nem‘ Rollator und n‘ paar Stützen hab ich auch, also das, das geht schon.

David: Wie läuft es eigentlich an deinem Arbeitsplatz in der Werkstatt, hast du da irgendwelche Hilfsmöglichkeiten, damit du deiner Arbeit nachkommen kannst?

Georg: Ja, also Hilfsmöglichkeiten gibt’s äh schon einige. Zum Beispiel haben wir auch einen Auftrag, wo wir was zusammenschrauben müssen oder stecken müssen und da hab ich, sozusagen, so einen Maßabstandshalter. Das heißt zum Beispiel, wir machen so ne‘, na… Kabelstrapse und da zieh ich mir die Kabelstrapse vor und muss halt genau gucken, ob die richtig bemessen sind, damit der Auftrag auch gut ausgeführt wird und dass die Abstandsmeter halt stimmen.

David: Kannst du dir vorstellen, mal mit nicht-behinderten Menschen zusammenzuarbeiten? Und was könntest du dir an Tätigkeiten vorstellen?

Georg: Ja, ich könnte mir das soweit sehr gut vorstellen, weil es ist ja, wie gesagt, n neues Erlebnis und auch Gefühl und für mich äh, bleibt ja meist nur ein Arbeitsplatz und das ist so Bürobereich und da könnt ich mir ÄH so im Büro ne Tätigkeit, äh, auch vorstellen, genau. Also so Akten sortieren, äh Posteingang, Postausgang, das wär schon das, was ich auch gerne machen würde. Auf jeden Fall bin ich gespannt, mal die Erfahrung zu machen.

David antwortet: Ok Georg, denn bedank ich mich für dein Interview. Es hat viel Spaß gemacht. Denn wünsch ich dir noch viel Spaß in deinem weiteren Arbeitsleben und denn bleib auch gesund.

Tanja: Kommen wir zu unserem zweiten Gast – der liebe Mirko, der in einer Tischlerei der Rostocker DRK Werkstatt sein Geld verdient und nebenbei den Werkstattrat leitet. Warum seine Hauptaufgabe darin besteht, für alle Sorgen ein offenes Ohr zu haben und wie es mit besseren Löhnen aussieht – das und vieles mehr, erzählt er euch in diesem Interview, das unser Podcaster Gunnar mit ihm geführt hat.

Gunnar: Herzlich willkommen zu unserer neuen Podcast-Folge „Politik einfach hören“ und jetzt geht’s los. Mein Name ist Gunnar, die Technik betreut Jaqueline, unser Gast ist heute Mirko.

Mirko: Guten Tag! Ja, und ich bin der Mirko!

Gunnar: Mirko, was machst du in der Werkstatt?

Mirko: Ich arbeite in der Rostocker DRK Werkstatt in der Tischlerei. Arbeite da viel mit Holz, und bin gleichzeitig auch noch im Werkstattrat.

Gunnar: Was hat der Werkstattrat für Aufgaben?

Mirko: Der Werkstattrat hat die Aufgabe, die Leute zu schützen. Vor Sachen, die oben in der Chefetage beschlossen werden und wir beraten erstmal, ob das für die Leute überhaupt gut ist („ja“ oder „nein“) und entscheiden dann als Werkstattrat, ob wir das überhaupt genehmigen. Wir wollen uns auch Zeit nehmen dafür. Wir sagen nicht sofort „ja“. Viele Sachen sind auch geheim, die wir noch gar nicht so bringen dürfen.

Gunnar: Was sind deine Aufgaben als Vorsitzender im Werkstattrat?

Mirko: Was am wichtigsten ist, ist, dass ich für alle Leute da bin. Egal, bei was für einem Problem, solange man helfen kann, wo es nur geht. Es gibt Leute, die haben Probleme privat. Da versuch ich dann auch, privat zu helfen und wenn’s arbeitsbedingte Probleme sind, versuch ich die zu beraten, wo sie hingehen können. Versuch auch, wenn sich welche streiten, zum Beispiel auch mal schlichtend mit einzugreifen.

Gunnar: Wie lief die Zusammenarbeit während der Corona-Pause, als die Werkstatt geschlossen war?

Mirko: Der Werkstatt war jederzeit erreichbar für die Leute. Ich habe persönlich auch viel über soziale Medien mit den Leuten versucht, zu kommunizieren. Wo ich von denen auch die Nummer hat, auch mal öfters telefoniert. Gefragt, wie es denen so geht und hab mich auch dann in der Werkstatt informiert, ab wann es denn endlich losgeht, sodass man vielleicht schon wieder Termine setzen konnte, ab wann die Leute wieder anfangen könnten.

Gunnar: Wie viele Leute hilfst du?

Mirko: Ehm, die Frage ist sehr gut. (lacht) Ehm, beim DRK eben sehr viele Leute. Nicht nur RW 1, sondern auch in den anderen RW’s, wenn Probleme, können sie sich an mich wenden. Also an die Tausend, Tausendfünfhundert können das wohl schon mal werden.

Tanja: Stop, fragt ihr euch auch, von welchen RW´s Mirko spricht? Also, hierbei handelt es nicht um die Abkürzung für Rettungswagen oder gar Robbie Williams! Mirko meint mit RW die Rostocker Werkstätten. In Rostock gibt es fünf Werkstatt-Standorte mit Nummern. RW 1 befindet sich in der Hundsburgalle im Stadtteil Schmarl. Hier gibt es zum Beispiel Arbeit in der Wäscherei, der Küche oder in der Datenarchievierung. Bei RW 4 im Charles-Darwin-Ring in der Rostocker Südstadt gibt es Kunsthandwerk oder KFZ-Schilder. Die unterschiedlichen RWs sind auf die speziellen Bedürfnisse der Arbeitskräfte ausgerichtet. Sie werden angeleitet und betreut durch Fachkräfte.

Tanja: Wir hatten im ersten Interview mit Georg gehört, dass in den DRK-Werkstätten Waren produziert werden. Erinnert euch: Sie verpacken Schokolade, die man auch bei Nanunana kaufen kann. Und auch dafür bekommt Georg Lohn. Damit ist er zufrieden. Wir wissen aber auch, dass nicht jeder mit dem LOHN zufrieden ist. Hilft dabei der Werkstattrat? Gunnar fragt nach:

Gunnar: Wer kann helfen den Lohn zu verbessern?

Mirko: Ja, das ist eine sehr gute Sache. Es ist ein bisschen schwierig, weil beim DRK gibt’s ein Punktesystem. Und da muss man gucken, dass der Werkstattrat es schafft, dass man das kippen kann.

Tanja: Seid ihr auch über das Wort Punktesystem gestolpert? Die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zahlt den Beschäftigten Lohn. Die Beschäftigten bekommen verschieden viel Lohn. Wieviel Lohn bekommen die Beschäftigten in der Werkstatt? Das ist abhängig vom Arbeits-Ergebnis der Werkstatt. Und das ist auch abhängig von der Arbeit und der Arbeits-Leistung der Beschäftigten. Die Werkstatt kann die Arbeits-Leistung der Beschäftigten mit Punkten bewerten. Zum Beispiel:

Tanja: Manche Beschäftigte machen besonders schwierige Arbeit.

Tanja: Manche Beschäftigte arbeiten mehr.

Tanja: Dann bekommen diese Beschäftigten mehr Punkte. Die Punkte bestimmen also auch die Höhe des Arbeits-Lohns.

Gunnar: Danke, dass du beim Podcast mit dabei warst.

Mirko: Ich möchte mich auch bedanken für die Einladung.

Tanja: Der dritte Gast unserer Folge ist Christoph Bohmann. Nachdem wir Georg als Arbeiter einer Werkstatt kennengelernt und Mirko zu seinen Tätigkeiten als zuständiger Werkstattrat für die Interessen der Beschäftigten interviewt haben, möchten wir jetzt von Christoph einen Einblick in seine Arbeit als Werkstattleiter und Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen bekommen, um das Thema „Arbeiten mit Einschränkung“ aus allen Blickwinkeln zu beleuchten.

David: Herzlich Willkommen bei unserem Podcast „Politik Einfach hören“. Ich bin der David und meine Assistentin ist die Ute, die das Mikrofon hält. Zu Gast haben wir heute Herrn Christoph Bohmann. Herr Bohman stellen Sie sich doch unseren Hörerinnen und Hörern kurz vor:

Christoph: Ja, also ich bin der Christoph, bin Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern. Und zu meiner Arbeit bin ich nicht einfach so gekommen, sondern ich wurde gewählt. Ich bin auch noch Leiter der Werkstätten im Michaelshof. Ich bin dort zuständig für den Geschäftsbereich „Arbeit“, habe die Werkstätten dort mit aufgebaut. Das mache ich auch noch weiter bis ich zur Rente gehe und zwischendrin bin ich eben gewählt als Vorsitzender Landesarbeitsgemeinschaft.

David: Welche Aufgaben hat die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten?

Christoph: Ja, die Hauptaufgaben sind die Vernetzung. Dass die Werkstätten sich gegenseitig unterstützen können, dass man über Probleme hört, die andere Werkstätten haben. Vielleicht auch bei der Auftragsbeschaffung, dass es da Unterstützung kann. Wir bieten Fortbildungen an für verschiedene Werkstattpositionen. Also für Mitarbeiter im sozialen Dienst oder auch für Verwaltungsmitarbeiter. Und die ganzen Dinge, die mit der Gesetzesänderung zusammenhängen umzusetzen. Also das ganz neueste und aktuelle ist ein Gewaltschutzkonzept. Es ist so, dass der Gesetzgeber gefordert hat, dass es in jeder Einrichtung ein Gewaltschutzkonzept gibt. Wir haben Anfang des Jahres angefangen, sowas wie eine Mustervereinbarung zu machen. Die ist jetzt fast fertig. Die geben wir in die Werkstätten raus und die Werkstätten können dann dieses Gewaltschutzkonzept umsetzen.

Tanja: Mhm, was ist das Gewaltschutzkonzept, von dem uns Christoph erzählt? Lasst mich das Wort mal auseinander nehmen: GEWALT… Gewalt kann mitten in unserer Gesellschaft auftreten. Gewalt kann also auch in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen auftreten. Deshalb haben die Werkstätten einen Plan/ein Konzept gemacht. Das heißt auch: Gewaltschutz-Konzept. In diesem Plan steht zum Beispiel: Was ist Gewalt? Welche Formen von Gewalt gibt es? Was können die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gegen Gewalt tun? Mit dem Plan wollen die Werkstätten auf das Thema Gewalt aufmerksam machen. Und sie wollen die Beschäftigten vor Gewalt schützen.

David: Wie viele Werkstätten gibt’s in Mecklenburg-Vorpommern?

Christoph: Ja, es gibt dreiundzwanzig anerkannte Werkstätten, aber wie jede Werkstatt gibt es verschiedene Standorte. Gibt ja Betriebsstätten und da sind über hundert Betriebsstätten, die in Mecklenburg-Vorpommern da sind. Aber Werkstätten insgesamt sind’s dreiundzwanzig.

David: Wie viele Menschen arbeiten in den Werkstätten in Mecklenburg-Vorpommern?

Christoph: Na etwa siebentausend. Im Arbeitsbereich, im Berufsbildungsbereich, im Eingangsverfahren. Und auch die Fördergruppen sind dort mitgezählt. Da sind’s vielleicht jetzt etwa siebentausendsiebenhundert mit den Fördergruppen zusammen.

David: Was kann man für Tätigkeiten in den Werkstätten machen?

Christoph: Oh, ich glaube da gibt’s nichts, was man in den Werkstätten nicht machen kann. Guck ich mal nur in unsere Werkstatt von der Stempelherstellung bis zur Wäscherei, von der Tischlerei, von Montagearbeiten, von Gärtnerarbeiten, von Küchen, es gibt wirklich ganz viele Dinge, die da sind. Wenn neue Menschen zu uns kommen, die vielleicht auch neue Ideen haben, dann ist sicherlich das auch möglich, zu überlegen, ob das ein neuer Arbeitsbereich sein kann.

David: Findet auch jeder Interessent in der Werkstatt einen Arbeitsplatz?

Christoph: Wenn er möchte, ja! Ich kenn aber auch Menschen, die sagen, ich möchte in diesem Arbeitsplatz hier arbeiten, aber die Arbeiten, die hier nötig sind, die will ich nicht machen. Weil, ich will nur die besten Arbeiten davon machen und nicht die, die auch mit dazu gehören. Ob’s um das Saubermachen von Maschinen geht, oder sonstige Dinge. Und nicht jede Arbeit passt für jeden. Auch das muss man gucken. Möchte man noch etwas dazulernen oder nicht? Ansonsten sind wir erstmal als Werkstätten offen für alles. Wenn einer kommt und sagt, ich möchte Raketenforscher werden, dann hören wir uns das sicherlich auch an. Ob wir das nachher umgesetzt bekommen, das werden wir in den Gesprächen feststellen.

David: Können Sie sich vorstellen, ein anderes System für die Personalbewertung einzuführen?

Christoph: Ich nehme mal an, es geht um die Einstufung für eine Endgeldberechnung, Ehm ja, aber welches nun richtig ist und welches gut ist, das weiß ich nicht. Also ich denke, jede Werkstatt hat sich Gedanken gemacht, wie man die Endgeldberechnung, wie das zusammenaddieren kann, wie man da auf eine möglichst gerechte Möglichkeit kommt. Aber es gibt mit Sicherheit auch Menschen, die sagen, nee, das ist doch nicht das Beste, wir müssen noch eine andere Möglichkeit haben. Deshalb hat die Bundesregierung ja auch in Auftrag gegeben, dass überlegt werden soll, wie soll die Endgeldzahlung zukünftig aussehen. Da denk ich, wird sich in den nächsten Jahren etwas entwickeln. Ich sag deshalb „in den nächsten Jahren“, weil solche großen Dinge, die über die gesamte Bundesrepublik gelten sollen, meist sehr, sehr lange dauern.

David: Wie viele Unternehmen gibt es, die mit Menschen mit Behinderung arbeiten?

Christoph: Das weiß ich nicht. Das ist also eine Zahl, die man sicherlich irgendwo erforschen kann, aber ich wüsste nicht mal, wo ich da nachfrage. Eigentlich ist ja jeder Betrieb verpflichtet, Menschen mit Behinderung einzustellen. Da müssen wir aber auch sagen, da geht’s um Menschen, die erwerbsfähig sind. Wenn wir über die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten sprechen, sprechen wir über einen Personenkreis, der offiziell vom Arbeitsmarkt ausgegliedert ist, weil es Menschen sind, erwerbsunfähig sind. Und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werden in der Regel nur Menschen genommen, die erwerbsfähig sind. Die auch behindert sein können, aber die eine Erwerbsfähigkeit haben.

David: Sind die Werkstätten in MV für die Menschen mit Beeinträchtigung, barrierefrei?

Christoph: Ich glaube, Barrierefreiheit gibt es nicht. Ich habe dieses Jahr vierzig jähriges Betriebsjubiläum gehabt. Und wenn man vierzig Jahre Menschen mit Behinderung kennt, dann sieht man die verschiedensten Behinderungsarten und man schafft es nicht, dass für alle in der Gesellschaft alles barrierefrei ist. Schon allein die Sprachbarriere ist eine Barriere, die man ganz schlecht wegbekommt. Und selbst wenn unsere Internetseite sprachlich soweit ist, dass man sie auch hören kann, dann wird’s aber trotzdem so sein, dass viele Menschen, die das hören, nicht wissen, was gemeint ist. Also barrierearm etwas herzustellen, bin ich sehr dafür, aber die Illusion der Barrierefreiheit, dass alle Menschen alles verstehen, an diese glaube ich nicht.

David: Dann bedanke ich mich, dass sie heute zu uns gekommen sind und vielen Dank für das Interview und bleiben sie gesund.

Christoph: Ich wünsche dir das auch. Es war für mich sehr interessant. Das war der erste Podcast, den ich überhaupt erlebt habe und deshalb hat’s mir auch Spaß gemacht, hier zu sein. Und nun bin ich gespannt, mir das mal anzuhören und ich bin natürlich auch über die Kritik unseres Werkstattrates interessiert. Mal sehen, was der sagt, nachdem er es abgeht hört. Und einige Kollegen haben mich heute auch gefragt, wo kann ich das denn nachher mal abhören. Na mal sehen, was die dazu sagen. Also vielen Dank, dass ich hier sein konnte.

Tanja: Und nun sind wir am Ende der Folge angelangt. Eine Folge aus drei verschiedenen Interviews – die alle auf ihre ganz eigene Art und Weise spannend, lehrreich und mal wieder gezeigt haben, dass sich für Menschen mit Beeinträchtigung auch auf dem Arbeitsmarkt noch vieles wandeln muss. Ich bedanke mich bei unseren Zuhörern und Zuhörerinnen. Mein weiterer Dank geht an unsere vier top engagierten Podcaster und Podcasterinnen und den Rest des tollen Teams! Danke Aktion Mensch für die Förderung unseres Podcasts!

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